Indische Eigenarten

Während Thomas und ich gestern noch einen spätabendlichen Stroll durch die belebten Straßen mit den vielen kleinen Straßenständen gemacht haben (man fühlt sich wirklich sehr sicher hier und wird – anders als in Mumbai – auch nicht angebettelt), bereitete sich Francis auf seine Präsentation über Intercultural Communication vor, die heute Morgen stattfand.

Das Publikum bestand überwiegend aus interessierten Dozenten, die sehr angetan waren, auch von der Art der Präsentation, der Lockerheit. Sehr indisch, für mein Empfinden, war die Tatsache, dass mitten in der Präsentation einer der Bediensteten kam, um Kekse und Kaffee für alle Zuhörer und den Referenten zu bringen und vor jeden hinzustellen (bei uns wäre eine solche „Unterbrechung“ unvorstellbar). Ein indischer Zug, an den ich mich wirklich gewöhnen muss: die allgegenwärtigen „Diener“ im Hotel, in den Lokalen, in der Uni, die ständig auf den leisesten Wink warten (der Principle des Instituts für Liberal Arts hat dafür einen Beeper, mit dem er jederzeit einen dienstbaren Geist rufen kann), die Kofferträger, die dich enttäuscht ansehen, wenn Du selbst den Koffer tragen willst, die Bediensteten im Frühstücksraum, die dir sogar deinen Toast schmieren wollen. Nicht ganz einfach.

Nach der Präsentation noch lebhafte Diskussionen mit unseren Gastgebern über Intercultural Communication und Religion. Erfrischend, wie offen alles diskutiert wird. Als ich am Vortag unsere Minervaeule als kleines Präsent überreichte, wurden wir mit Humor darüber aufgeklärt, dass eine Eule in der indischen Kultur eher negative Assoziationen weckt (wenn eine Eule in einem Garten ruft, bedeutet das z.B., dass er bald zerstört wird). Die Fragen wirken manchmal irritierend direkt (Welche Religion hast du? Bist du verheiratet?…), ebenso offen beantworten unsere Gastgeber jedoch ähnliche neugierige Fragen an sie selbst, so dass wir viel erfahren und lernen.

Anschließend sprachen wir noch einmal über Kooperationsmöglichkeiten und konkretisierten die nächsten fälligen Schritte. Interessant fand ich dabei, dass die Inder das vorbereitete MOU gar nicht zur Hand nahmen, sondern erst einmal nur mündlich – hier aber recht genau – die Möglichkeiten ausloten wollten. Das Schriftliche kommt später. Die Atmosphäre war sehr kooperativ und ermutigend. Danach ging es dann zu den verdienten späten mittaglichen Snacks in einem sehr lebhaften Café, in dem auch viele Studierende essen, dann folgte eine kurze Pause zum Kofferpacken, bevor wir erst zuhause bei einer Parsi-Frau zum Tee und danach von ihr zu einer Vorstellung mit indischer Musik und Tanz (von traditionell bis Bollywood) eingeladen waren. Ein wirklich schöner Abend, an dem nur die Moskitoschwärme störten, die uns umwolkten.

Nun bin ich schon wieder viel weiter südlich, wir sind gerade in Madurai angekommen, gegenüber Pune quasi ein Dorf (nur rund eine halbe Million Einwohner), auf dem Weg vom Flughafen ins Zentrum etliche der berühmten Kühe, von Zeburindern gezogene Karren, neben den “normalen” Motorradrikschas noch einige Fahrradrikschas, überall Tempel, selbst den Rikschas hat man Augen aufgemalt. Alles sehr bunt, lebhaft, noch ursprünglicher hier als in Mumbai und Pune. Soweit die allerersten Eindrücke. Gleich treffen wir uns noch mit Premila, unserer Kontaktperson, die uns schon im Hotel begrüßt hat. Vorher noch eine kleine Verschnaufpause (heute früh sind wir um 5h aufgestanden, das spürt man dann doch).

mb

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