Noch ein paar Tausend Kilometer weiter – gefangen auf der Kreuzung

Nun sitze ich in Pune (noch einmal 2186 km von Dubai entfernt), den ersten Mumbai-Aufenthalt haben wir gut überstanden, wenn auch dann und wann mit Herzklopfen. In der Dunkelheit in einem Land anzukommen ist immer eine Besonderheit. Die Einreise war erfreulich problemlos, vor dem Verlassen des Flughafens rieben wir uns erst einmal gründlich mit Mückenmittel ein, denn der Flughafen liegt im zweitgrößten Slum der Welt (1 Millionen Einwohner, Mumbai selbst hat übrigens über 16 Millionen) in einer sumpfigen Gegend mit vielen Malariamücken – muss ja nicht sein. Draußen dann: Indien hat seinen eigenen Geruch. Das werde ich noch öfter denken. Am Flughafen war es warm, leicht würzig. In der Stadt nach Abgasen, Urin, Paan, Gewürzen, Armut. Aber auf jeden Fall riecht Indien viel stärker (oder nur anders?) als Deutschland.

Der Verkehr – wie erwartet – chaotisch. Hupen ohne Ende. Der Verkehr ist wie ein Vogelschwarm, wo sich alle Mitglieder ständig zurufen „Hier bin ich – wo bist du?“ – nur viel ungeordneter als jeder Schwarm. In Mumbai waren wir heute morgen relativ lange auf einer Kreuzung, einem schmalem Mittelstreifen, gefangen, es war unmöglich, mit heiler Haut zwischendurch über die Straße zu kommen. Irgendwann klappte es dann doch. Man wird schnell hier auf den Straßen und geschickt. Gestern Abend waren wir noch in einem kleinen Lokal essen. Unterwegs überall auf den Bürgersteigen schlafende Menschen, z.T. Ganze Familien. Eine Frau hatte ein Tuch so zwischen zwei Pfosten aufgespannt, dass ihr Baby darin liegen konnte wie in einer Hängematte. Die Armut bedrückt, die Menschen rücken dir stark auf die Pelle, folgen dir unentwegt. Überall Flecken von Paan, dem Zeug, dass hier gekaut wird und das leicht berauscht. Bei den Ständen der Händler fallen sie besonders auf, sie sind blutrot.

Nach einer ziemlich schlaflosen Nacht (das Zimmer stank entsetzlich nach Chemie, mit dem sie hier versuchen, das Ungeziefer in Zaum zu halten) heute Morgen Frühstück in einem von Indern frequentierten Frühstückslokal. Sie essen gedämpften Reis oder Frittiertes, wir bestellen uns Toast. Es ist mit Tomaten und Gurken belegt – sofort wieder Unsicherheit wegen Keimen und Krankheiten, die man sich so holen kann. Man muss sich vom Essen her doch sehr umstellen, worauf man achten muss, was man besser nicht isst und trinkt. Trotz allem fühle ich mich bisher noch bemerkenswert sicher. Die Leute wirken freundlich, die Kultur und Atmosphäre erinnern mich sehr an Mexiko.

Wie gesagt, inzwischen sind wir in Pune. Wir haben heute Mittag den Zug genommen, ziemlich abenteuerlich,enger und netter Kontakt zur Bevölkerung (die Kinder sind wirklich anhänglich), immer wieder kommen fliegende Händler mit Kaffee, Tee, Essen, Süßigkeiten durch den engen Gang, draußen erst noch lange Mumbai, dann wirklich schöne, grüne Landschaft. Es geht in die Hügel (Pune, ebenfalls eine Millionenstadt, liegt gute 500m hoch, Mücken gibt es hier aber leider trotzdem…). Das Hotel ist angenehmer als die letzten beiden, die Dusche eine reine Wohltat. Wenn ich jetzt rausschaue (ich sitze in der Lobby), sehe ich Palmen am Straßenrand und höre das übliche Hupkonzert. In etwa einer Stunde treffen wir zum ersten Mal die Kollegen von Symbiosis, einer der potentiellen Partnerunis.

Erster Eindruck Indien: lively, ungezähmt, intensiv – ja, intensiv passt am besten. Von Gerüchen überall, Geschmack und Menschen.

mb

Comments are closed.