Meine Schönwetter-Euphorie der ersten beiden Tage hat leider einen kleinen Dämpfer erlitten. Gestern und heute wurde es ziemlich nass von oben. Aber Vaasa bezeichnet sich selbst als sonnigste Stadt Finnlands und das lässt ja hoffen, dass bald Besserung in Sicht ist.
Wir haben uns jetzt mit zwei anderen deutschen Mädels getroffen, die auch schon hier sind und waren zusammen unterwegs. Ich finds einfach total genial, wie man hier mit eigentlich unbekannten Menschen auf Anhieb warm wird, einfach weil man in einem fremden Land dieselben Interessen hat: Spaß haben, möglichst viel erleben und mitnehmen vom Austauschsemester und natürlich nebenbei ein bisschen studieren 😉 Das ist echt cool und wird das bestimmt noch mehr sein, wenn erstmal die ganzen anderen internationalen Studenten da sind.
Das Wetter hat uns nicht davon abgehalten, die 30 Minuten Fußmarsch in die Stadt auf uns zu nehmen. Ich brauche unbedingt ein Fahrrad! Auch zur Uni braucht man zu Fuß in etwa so lange, dabei wäre es mit dem Rad ein Katzensprung, weil es eine gerade Strecke mit schönen breiten Wegen ist. Der Fahrrad-Verleih-Mensch hatte keine mehr und wir sollen morgen Nachmittag nochmal vorbeikommen… Also Daumen drücken 😉
Busse hat hier irgendwie noch keiner gesehen, obwohl vor dem Wohnheim eine Bushaltestelle ist. Allerdings fahren die wohl laut Plan auch nur bis 17 Uhr in die Stadt, sehr merkwürdige Sache..
Die Wohnviertel sehen sehr interessant aus, ein buntes Holzhäuschen neben dem anderen, eben so wie man es sich vorstellt. Auch der Bahnhof ist in einem ähnlichen Stil gehalten, das gefällt mir doch um Weiten besser als der Betonklotz in Hildesheim.
Überall sind Zebrastreifen, problematisch ist nur, dass die Autos nicht anhalten wenn man davor steht, erst wenn man losgegangen ist. Und ich dachte, das wäre nur in Italien so.
Einkaufen ist nach wie vor ein Abenteuer. Wir haben jetzt doch einen ganz coolen Supermarkt gefunden, so ähnlich sortiert wie der Edeka bei uns und die Preise sind dort auch ganz in Ordnung (S-Market). Alles ist zwar doch minimal teurer, aber man merkt es nicht so.. Ich habe uns sogar direkt einen Grundvorrat an Gewürzen zugelegt und eine Lasagne gezaubert.
Bei jedem Einkauf wird mir bitter bewusst, wie hilfreich es wäre, ein bisschen bewanderter im Finnischen zu sein. Wir haben 20 Minuten damit verbracht, einen Mülleimer und eine Wäschebox auszusuchen, einfach weil wir die Preise absolut nicht zuordnen konnten.
Auch die Abrechnungen hinterher sind immer sehr amüsant: “Was war Puolukkahillo doch gleich?” Google Translate hat aber bis jetzt noch immer die richtige Lösung geliefert, in diesem Fall Preiselbeermarmelade 🙂
Ansonsten bin ich stolz darauf, dass es beim Bezahlen schon gar nicht mehr auffällt, dass ich nicht finnisch bin. Mit “Hei hei”, “Kiitos” (Danke) und “Heippa!” (Tschüss) kann ich mich schon ganz gut durchschlagen 😉
Eine lustige Sache, die einem während dem Einkaufen auffällt, ist neben der Bezeichnung “Megapussi” (pussi=Tüte) für eine extragroße Packung mit Chips und dem Äquivalent “Minipussi” auch das große Regal mit Equipment zum Selbstbrauen von Bier, Wein und anderen Spirituosen. Da der Alkoholkonsum in Finnland überhand genommen hat, wurden nicht nur hohe Steuern auf Alkohol erhoben, sondern auch das alleinige Recht zum Verkauf von allem, was mehr als 4,7% hat, an die staatliche Kette “ALKO” mit nicht so freundlichen Öffnungszeiten gegeben. Man kriegt außer teurem Bier also nichts im Supermarkt und deshalb muss man sich ja zu helfen wissen. Tütchen mit Pulver zum Brauen, leere Flaschen, Kronkorken und Korken, all das kauft man im Supermarkt und experimentiert dann zuhause. Hätte das ja auch gerne direkt mal ausprobiert, aber leider scheiterte es wieder daran, dass ich nicht identifizieren konnte, was in den Tüten jeweils drin ist 😉
Außerdem sind die Finnen scheinbar verrückt nach Glücksspiel. In wirklich JEDEM noch so kleinen Geschäft, Tankstelle etc steht ein Spielautomat oder bestenfalls sogar mehrere. Die Leute, egal ob jung oder alt, gehen da nach ihrem Einkauf hin und verzocken ihr Wechselgeld. Angeblich soll der Inhalt der Automaten Projekten für Kinder zugute kommen, eigentlich ja also ne gute Sache 🙂
Ach ja, Vaasa ist eine offiziell zweisprachige Stadt, 25% der Menschen sprechen schwedisch. Finnland gehörte ja mehrere Jahrhunderte zu Schweden und Vaasa wurde vom schwedischen König Karl IX. Wasa gegründet. Bestimmt der Namensgeber des Knäckebrotes! Außerdem ist Schweden ja gar nicht so weit weg.
Manchmal sind die Produkte in den Läden auch zweisprachig ausgezeichnet und das ist doch hilfreich, weil es dem Deutschen viiiel mehr ähnelt und man Wortbedeutungen erahnen kann. Werde an der Uni wahrscheinlich auch einen Survival Swedish Course machen und wenns klappt, will ich auch über Turku mit der Fähre nach Stockholm. Mal sehen.
Deshalb gibt es übrigens in der Mensa auch leckere Köttbullar, sowie reichlich Auswahl davon im Supermarkt 😀
Sonst gibt es zum Thema Einkauf noch zu sagen, dass hier keine 1- und 2-Cent-Stücke benutzt werden. Es wird immer auf 5 Cent auf- oder abgerundet.
Heute waren wir an zwei verschiedenen Stränden hier, die bei schönem Wetter bestimmt herrlich sind. ich muss da unbedingt nochmal bei Sonne hin und am liebsten würde ich ja auch noch baden solange das Wasser noch halbwegs dazu einlädt… will ja alles mal ausprobiert haben 🙂
Man denke sich jetzt noch Sonne dazu (letzte Woche waren es wohl fast 30°C hier :/) und wer braucht dann schon Spanien 😀
Das Highlight heute war definitiv die Pizzeria, in der wir eine Rentierpizza mit dem Namen Berlusconi-Pizza gegessen haben! Die Story dazu ist die folgende:
Berlusconi hat sich wohl über die finnische Küche lustig gemacht und meinte, da würde man ja nur geräuchertes Rentier essen. Kurz darauf gab es in New York einen Pizza-Back-Wettbewerb und nicht etwa italienische Pizzabäcker gewannen, sondern eine finnische Pizza mit besagtem geräucherten Rentierfleisch, Pfifferlingen und roten Zwiebeln, die noch keinen Namen hatte. Man nannte sie kurzerhand Berlusconi-Pizza und die Kotipizza-Kette rächte sich an Berlusconi mit dem Slogan “Die Wahrheit: Berlusconi hat keine Eier (Nur geräuchertes Rentierfleisch, Eierschwammerl [österreichisch für Pfifferlinge] und rote Zwiebeln.” Gemein 😀
Die Pizza war eigentlich ganz gut, auch wenn das geräucherte Fleisch etwas gewöhnungsbedürftig war… Hier gibt es sogar Rentierdöner, muhaha!
So, mit dem Anekdötchen verabschiede ich mich,
Hauskaa paivää (Einen schönen Tag) 🙂